erlebt

Freitag, 30. Mai 2008

Sommer und Sterne.

Es ist Sommer. Sommer! Die Temperaturen steigern und klettern, die Sonne brennt. Es ist einfach heiß draußen. Fast zu heiß für die Sterne am Sonntag. Denn dann findet die jährliche Sternfahrt in Berlin statt, die angeblich größte Demonstration dieser Art mit bis zu 250000 Fahrradfahrern.
Also schnell den Drahtesel aus dem Keller gezerrt, aufpoliert und abgedüst zur Sternfahrt am Sonntag! Yippieh!

Der ADFC weist darauf hin:
Alle Einzelfahrausweise – auch fürs Fahrrad – gelten innerhalb der Stadtgrenzen am 1. Juni als Tageskarten. Und der Vorteil für Zeitkartenbesitzer: Die Mitnahmeregelung wird an diesem Tag ausgeweitet. Die VBB-Umweltkarteninhaber können zwei Erwachsene statt einem und fünf Kinder statt dreien bis 14 Jahre kostenlos mitnehmen.

Mittwoch, 28. Mai 2008

Einer fiel aus dem Kohlmeisennest.

Als ich gestern Abend schon fast zu Hause war, entschied ich mich doch noch, kurz einkaufen zu gehen. Gedacht, getan und schnell ein paar Kleinigkeiten besorgt, unter anderem Eier, die ich noch zum Backen eines superleckeren Zitronenkuchens brauchte. Mit dem Beutel in der Hand schlug ich den gewohnten Weg ein und bog zwischen zwei elfgeschossigen Häusern rechts um die Ecke. Mit meinen Gedanken war ich schon wieder beim Durchgehen der Zutaten für das Rezept und hoffte, dieses Mal nichts vergessen zu haben.
Doch dann war plötzlich genau vor mit etwas auf dem Boden. Etwas unsagbar Kleines und Zerbrechliches saß mitten auf dem Betonweg und rührte sich keinen Millimeter von der Stelle. Das Grau des Betons und das Grau des Gefieders waren nahezu gleich, so dass mich der Schrecken überkam, den kleinen Knirps fast platt getreten haben zu können. Aber das ging nochmal gut. Arme, arme kleine Meise. Eine Kohlmeise. Vermutlich aus dem Nest gefallen, aber noch kaum flügge geworden. Erschöpft saß die Kohlmeise am Boden während die Mutter ab und zu über meinen Kopf hinweg schwirrte und laut zwitscherte. Aber der Kleine gab keine Antwort zurück, hockte nur da und starrte nach oben in die große Welt, die vor wenigen Augenblicken im Nest noch so klein und geborgen war.
Ich machte mir Gedanken, wie ich am besten helfen könnte. Anfassen wollte ich ihn lieber nicht. Und mitnehmen schon gar nicht, denn die Kohlmeise ist ein freilebendes Tier. Und er sah, abgesehen vom Schreck, auch ganz munter und gesund aus. Nur der Platz zum Ausruhen und Verschnaufen war ungünstig auf dem Gehweg gewählt. So fand ich ein Stöckchen unweit von ihm, das gut aus dem Nest zusammen mit der Kohlmeise gefallen sein könnte, und versuchte ihn darauf zu bekommen. Die Kohlmeise war nicht scheu, machte aber erst keinen Ruck. Mit etwas Geduld stieg sie dann doch auf das Stöckchen, und ich trug den Kleinen etwas zur Seite auf die Wiese an einem Busch. Natürlich bestand auch dort noch die Gefahr, dass er durch Hunde, Katzen oder größere Vögel angegriffen werden konnte, aber so ist die Natur dann auch manchmal. Einerseits so schön, andererseits auch so grausam. Und so bleibt mir nur die Hoffnung, zu glauben, dass die kleine Meise den Flug hinauf in den Baum allein geschafft hat.

Eine Kohlmeise gibt es hier im Video bei youtube. Und das passende Kinderlied wird sicherlich so manchem dazu einfallen (Quelle: http://www.heilpaedagogik-info.de/kleine-meise-lied-vogel/).

Kleine Meise, kleine Meise, sag wo kommst Du denn her,
Suchte Futter, suchte Futter, aber alles war leer.

Kleine Meise, kleine Meise und was willst Du bei mir,
Ein paar Körnchen, ein paar Körnchen und ich dank Dir dafür.

Kleine Meise, kleine Meise, bitte sing mir ein Lied,
Erst im Frühling, erst im Frühling, wenn das Schneeglöckchen blüht.

Kleine Meise, kleine Meise, wohin fliegst Du nun fort?
In mein Nestchen, in mein Nestchen, denn schön warm ist es dort.

Freitag, 9. Mai 2008

Autofreier Sonntag am 1. Juni 2008!?

Immer wieder gibt es Diskussionen um den autofreien Sonntag. Zu schön wäre der Gedanke, wenn man sich wenigstens einmal im Jahr dazu durchringen könnte, einen solchen zu veranstalten. Und das in der Hauptstadt Berlin!
Ich mag die Vorstellung, wenn die Straßen plötzlich leer gefegt sind, die Sonne auf den dunklen Asphalt brennt und Radfahrer oder barfüßige Fußgänger die Straßen erobern. Ein riesiges Volksfest mit buntem Treiben auf den Straßen. Nur öffentliche Verkehrsmittel (auch Busse) verkehren, und natürlich Krankenwagen, Polizei und Taxen. Dann gäbe es überall kleine ruhige Inseln in der Stadt, ohne Lärm und Dreck. Eine richtig schöne Vorstellung!

Aber wieder mal konnte der Senat sich nicht einigen, um dieses Ziel für den 1. Juni 2008 zu erreichen. Jetzt gibt es einen gewissen Kompromiss. Man spricht jetzt (wieder) nur noch vom freiwilligen autofreien Sonntag. Die Ankündigung, dass man dann mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gratis fahren könnte (so, wie es in Hamburg schon praktiziert wurde), konnte nicht durchgesetzt werden. Stattdessen kann man wenigstens mit einem normalen 2h-Fahrschein den ganzen Tag lang durch Berlin fahren. Sie wird an diesem Tag also zur Tageskarte aufgewertet. Andere, die eine Umwelt-Monatskarte besitzen, können am Sonntag ausnahmsweise zusätzlich zwei weitere Erwachsene und bis zu fünf Kinder auf ihrer Karte mitnehmen. Aber wie sieht es mit Fahrrädern aus? Wo doch an jenem Tag auch die Sternfahrt stattfindet, die größte Fahrradsternfahrt der Welt mit bus zu 250000 Teilnehmern. Bleibt nur, auf richtig gutes Wetter zu hoffen, dann bin ich auf jeden Fall dabei.

Damit aber noch nicht genug. Am 1. Juni finden noch weitere Aktionen und Feste statt, so dass die Stadt Berlin allein dadurch nahezu komplett lahm gelegt sein wird. Und das ist gut so! Denn dieser Sonntag soll ein autofreier Sonntag sein!!!

Montag, 21. Januar 2008

Zu spät gefunden.

Gestern Abend, als ich auf dem Heimweg von einem politischen Nachtgebet zum Thema Atomkraft war, stolperte ich zunächst über einen einsamen Schal, der so kläglich windend auf dem dreckigen Boden der S-Bahn lag. Ich hob ihn auf und legte ihn wenigstens auf einen Sitz, damit er nicht mit Füßen getreten würde. Andere Leute, die dann später hinzustiegen, hatten Angst vor dem Schal, als könne er beißen wie eine Schlange. Letztendlich warf ihn dann doch eine Frau in die Ecke und setzte sich auf den Sitzplatz.
Hinter mir in der Bahn telefonierte ein Mädchen, eine Schülerin, dass sie auf dem Weg zu ihrem Freund sei, ihre Sportschuhe aber vergessen habe. Sie bat die Freundin am anderen Ende der Leitung, ihr am morgigen Tage (also heute) ein Paar von ihr in Größe 38/39 mitzubringen, damit sie nicht nochmal nach Hause umkehren müsse.
Und genau dazu passend findet sich kurz vor meinem Hauseingang ein paar Turnschuhe. Fein säuberlich in den Regen an den Straßenrand gestellt. Im Dunkeln und der Nässe auf einen Turnschuhträger wartend. Was für ein komischer Zufall.
Noch halb in diesem Gedanken versunken, wollte ich in meinen Hauseingang einbiegen, als mir plötzlich ein fledermausartiges Ding vom Baume herabhing. Ein schwarzer Regenschirm war in den Baum gehängt worden, mit leicht zerfleddertem Mantel, ganz in schwarz und traurig einsam...
Und spätestens an diesem Punkt stellte sich mir die Frage, was für komisches Zeug und warum überhaupt die Leute sowas auf der Straße "verlieren". Und die Idee des verlorenen Handschuhs rückte wieder in mein Gedächtnis. Im Winter keine Seltenheit. Ein einzelner Handschuh. Ein Schal. Oder auch eine Mütze. Ich hatte ja schon vor einiger Zeit die Idee, dass man genau für so etwas eine Webseite bräuchte, um zu den verloren gegangenen Dingen die zweite Hälfte wiederzufinden. Nunja ... in Pittsburgh kam eine Kunststudentin auch auf diese Idee. Mit der Umsetzung komme ich also viel zu spät. Echt schade. Und ich dachte, ich wäre der Einzige, der auf sowas kommen würde. Was solls. Wer mag, kann hier auf die Seite schauen: www.onecoldhand.com.

Dienstag, 11. Dezember 2007

Überraschung des Tages.

Gerade eben bin ich von meiner Mittagspause zurück. Gewöhnlich gehe ich mit einem Kollegen in die Kantine im Hauptgebäude, das man zu Fuß in 15 Minuten oder mit dem Bus [nur 2 Stationen], der aber dann meistens nicht kommt, erreichen kann. Das Essen dort ist nicht überragend, halbwegs passabel, kleinere Portiönchen, aber relativ moderat im Preis. Dieser Kollege ist nun aber diese Woche krank, so dass ich das Zimmer auch ganz allein für mich habe. Gestern war ich deshalb gar nicht essen, heute wollte ich mir aber wenigstens etwas Kleines kaufen.

Ich checkte mich mit meiner Karte auf "externe Pause" aus, verließ das Gelände und ging zum Penny-Markt, der auch gleich an der S-Bahn-Station ist. Mein erster Besuch in diesem Geschäft. Und dieser Laden ist wirklich ungewöhnlich, da er völlig verschachtelt ist, man in Sackgassen hinein läuft und man nur auf kommendem Wege zur Kasse gelangt. Ein Irrgarten in Miniatur. Zumal ich mich auch nicht so leicht entscheiden konnte, was ich mitnehmen sollte. Letztendlich sind es ein 1L-Vitamindrink [damit ich nicht auch noch von der schon mekrlich spürbaren Erkältung oder sonstigen Novovirus-Erkrankung gepackt werde], eine Rolle Doppelkeks und Nippons.
An der Kasse dann die angepriesene Überraschung. Penny hat seinen freundlichen Tag und schenkt den Kunden einen Weihnachtskalender. Einen Weihnachtskalender? Für mich? Erstaunt schaue ich die Verkäuferin an. Umsonst? Dankeschön!
Es wunderte mich schon, warum gerade ich? Denn nicht jeder vor mir bekam einen. Aber das waren vielleicht Stammkunden, die die Verkäuferin kannte und denen sie schon einen geschenkt hatte. Oder aber ... ja, oder aber sie dachte, ich sei noch ein jugendliches Jugendlicher. Nein, das kann nicht sein. Mir gehen doch schon langsam die Haare aus...

Und jetzt sehe ich eben noch, von welcher Firma der Weihnachtskalender ist. Derby. Na sowas, denn mit Derby arbeiten wir auch bei unserer Datenbank. Aber die ist nicht so bunt, mit vielen lustigen Kindern beim Backen, einem großen Ofen und geschmücktem Tannenbaum. So langsam wird es im Büro doch weihnachtlich... Tannenzweige, Deckchen und Kerzen stehen auch schon auf dem Tisch neben mir.

Montag, 12. November 2007

Geschafft.

Ich habe es geschafft.
Ich habe geschafft.
Und nun bin ich geschafft.

Seit erstem November bin ich glücklicher Inhaber einer Arbeitsstelle. Trotz einiger fehlender Unterlagen meinerseits ging es dann plötzlich doch ganz schnell. Denn ich wartete schon seit einem Monat darauf, dass es endlich los ginge. Es haperte aber am Nachweis meines letzten Arbeitszeugnisses und meines Diploms. Zwei Tage vor dem ersten November kam dann der Anruf. Ich sagte sofort zu und habe nun immerhin schon die ersten sieben Tage Arbeit hinter mir gelassen. Ein merkwürdiges Gefühl ist es schon. Endlich dort angekommen, wo andere schon vor zehn Jahren ihre Arbeitsstelle aufnahmen, während ich mit dem Abi, dem Bund oder Studium beschäftigt war. Nicht mehr in einer Schule lernen zu müssen. Nur noch Woche für Woche für guten Lohn arbeiten zu gehen. Keine Semesterferien mehr. Nur die Wochenenden plus einige Urlaubswochen im Jahr frei zu haben. Der Gedanke bis ans Ende der Tage zu schuften und zu schuften ist auf gewisse Weise erschreckend. Aber andererseits auch befreiend. Denn keine plagenden Prüfungen mehr, keinen extremen Stress beim Lernen. Die Freizeit frei für Dinge, die einen interessieren. Und trotzdem mischt sich die Frage darunter, ob das nun alles gewesen sein soll? Oder doch erst der Anfang einer steilen Karriere? Aber wohin? Mit welchem Ziel? Es gibt kein großes Ziel mehr, das ich mir vor Augen halten kann. Und ohne dieses, frage ich mich, worauf ich zusteuern soll? Wohin soll es gehen, wenn da nicht etwas ist, was es zu erreichen lohnt? Im Leben ist es doch meist so: Ziel festlegen, darauf hin arbeiten, das gesteckte Ziel erreichen, den Lohn der Mühen genießen, kurz verschnaufen, und dann wieder von vorn beginnen mit einem neuen Ziel vor Augen.
Eine Sache gibt es ... eines was wirklich noch fehlt, ist das zweisame. Eine Sehnsucht. Eine Gemeinsamkeit zweier Menschen. Aber die läßt sich, egal ob mit oder ohne Fleiß, nicht einfach finden, sondern ist einfach da oder nicht. Und solange sie nicht da ist, kann man ja nur die Augen offen halten. Hoffen auf gut Glück? Schicksal? Fügung? Wie auch immer, nur nicht dem Warten müde werden...

Dienstag, 30. Oktober 2007

Sonntagsfahrt.

Am Sonntag bin ich einfach mal raus gefahren. Es war gar nicht geplant gewesen. Ich war erst zum Essen bei meinem Eltern. Da ich spät dran war, bin ich die kurze Strecke auch gleich mit dem Auto gefahren. Und dann, nach dem Mittag, wollte ich nicht sofort wieder nach Hause. Mein Auto hatte schon Monate nur Kurzstrecken zurückgelegt und so sollte ihm auch eine Spazierfahrt gegönnt werden. Ganz getreu dem Motto "wer rastet, der rostet". Was im Falle von Autos sehr zutreffend ist.
Ich hatte aber kein Ziel vor Augen, bin einfach nur raus aus der Stadt, Richtung Osten. Immer weiter. Haupstraße. Schnell weg. Bis ich dann irgendwo mal abgebogen bin. In kleinere Straßen. Landstraßen. Schmal gebaut, holprig, vom Frost zerfressen. Gerahmt von alten Bäumen am Straßenrand. Eichen. Linden. Obstbäume. Ich fuhr stetig langsamer, um all die Eindrücke wahrnehmen zu können. Der sprichwörtliche Sonntagsfahrer.
Die Sonne kämpfte sich allmählich durch die Wolkendecke und vertrieb den letzten Rest von Trübsal. Die Aussichten auf den blauen Himmel, das Farbspiel der Blätter, das niedrige Licht, der Rausch über das Land auf nahezu leeren Nebenstraßen war so betörend, dass es fast unmöglich war, mich vollständig auf die Straße zu konzentrieren. Überall gab es schöne kleine Dinge zu entdecken, und als ich es letztlich nicht mehr aushalten konnte, suchte ich mir einen Platz auf einem Feldweg, stellte mein Auto ab und sprang in die Natur.
War das eine reine Luft zu atmen. Pilzgeruch. Weite Wälder und Felder. Endlos. Freiheit. Ein kleiner Seetümpel als dunkler Fleck in die Landschaft getupft. Schnatternde Enten auf dem Wasser. Kleines und großes zwitscherndes Gefieder in den Lüften.
Man konnte und musste regelrecht alles in sich hinein aufsaugen. Und ich hätte mir in diesem Moment gewünscht, eine Staffelei, eine Leinwand, Farben und Pinsel zu haben. Ich hätte mich sofort auf die gelbe Butterblümchenwiese gestellt, die merkwürdigerweise zu dieser Zeit noch blühten, und hätte alles für die Ewigkeit eingefangen. Ein Moment für die Ewigkeit.

Sonntag, 28. Oktober 2007

Zwei Uhr nach Mitternacht.

Manch einer mag sich jetzt fragen, was an dieser Uhrzeit so besonderes sein sollte. Und dem ein oder anderen wird auffallen, dass heute in der Nacht die Zeitumstellung von 3 zurück auf 2 Uhr erfolgte. Bei diesem Gedrehe an der Uhr frage ich mich dann manchmal, warum dies alles? Alles zu dem Zweck, am Anfang des Sommers einen Zeitsprung in die Zukunft zu machen und am Ende des Oktobers einen Sprung in die Vergangenheit und damit der doppelte Genuss einer satten Stunde? Wäre es nicht wahrlich interessant, um nicht zu sagen erfreulich, wenn man dann all das, was in jener Stunde geschehen ist, genauso noch einmal erleben würde?
Aber ich wollte nicht zu weit abschweifen von der eigentlichen Betrachtung dieser fraglichen Uhrzeit. Denn in meinem Haus, in dem ich wohne, passieren, zumindest ist es mir in den letzten Nächten besonders aufgefallen, immer um zwei Uhr nach Mitternacht ganz neue, ungewöhnliche Dinge. Wer sich fragt, warum ich zu dieser späten oder gar frühen Stunde nicht unlängst im Bett liege, dem sei gesagt, dass sich mein Tages/Nachtrhythmus allmählich nach hinten verschoben hat, und ich mich meist erst zwischen 1 und 2 schlafen lege und frühestens 11 Uhr aufstehe. Nachwehen des Studentenlebens könnte man sagen, die hoffentlich [oder auch nicht?] nicht mehr allzu lange andauern, denn bald könnte der Arbeitsalltag, das echte, harte Leben, Schaffen für Geld von Montag bis Freitag, beginnen.
Nun, da ich um 2 Uhr gerade im Bett liege und mich hin und her wälze, um eine günstige Schlafposition zu finden, letzte Gedanken des Tages in Erinnerung gerufen werden, die mich erst langsam in den Traum entlassen, höre ich urplötzlich Geräusche. Stimmen über mir. Es dringt ganz klar von oben durch die hellhörigen Wände. Eine weibliche Stimme. Jauchzend. Schreiend. Japsend. Ekstasisch. Und nach dreißig Sekunden wieder verebbend. Ich strenge mein Gehör an. Lausche. Das soll es schon gewesen sein? Kein Laut mehr. Ja, das muss es wohl gewesen sein.
Natürlich soll es vorkommen, dass Menschen in vergnügter Zweisamkeit ihren Spaß treiben. Dagegen ist nichts einzuwenden. Doch mich wundert nur, dass es so plötzlich, auf einmal fast jede Nacht geschieht. Und da drängt sich einem die Frage auf, ob meine Nachbarin von oben einen Freund hat? Zwei Jahre wohne ich jetzt hier, und von oben her war es immer still. Ganz im Gegenteil. Wenn ich mal etwas auf meiner Gitarre zupfte, und es schon später nach 22 Uhr war, brauchte ich nicht lange warten, schon klopfte es dreimal kräftig gegen die Heizung. Habe verstanden. Nachtruhe.
Naja, ich bin mir nicht mal ganz sicher, ob überhaupt eine Frau über mir wohnt. Zumindest stand ich logischer Weise noch nie vor ihrer Tür. Aus welchem Grund auch? Wenn man in der vierten Etage wohnt, kommt man zwangsläufig nicht durch die fünfte. Selbst dann nicht, wenn man die Treppe benutzt. Trotzdem hatte ich eine gewisse Ahnung, dass dort eine Frau lebt, denn ein einziges Mal ist sie mir, so glaube ich, auf der Treppe begegnet. Es war im Winter, es muss der letzte oder vorletzte gewesen sein, und da war sie nicht allein. Sie hatte eine Freundin dabei. Und irgendetwas in mir sagte, dass die beiden zusammen gehören, ein Paar sind, vielleicht sogar ein lesbisches. Selbstverständlich war das einfach vom Himmel gegriffen, es gab keine wirklichen Anzeichen dafür, aber es setzte sich so in meinem Kopf fest. Und an diesem einen Tag, an dem ich sie traf, war es draußen eisig glatt. Ihre Freundin, eine pummelige, um nicht zu sagen recht dicke, lief forschen Schrittes und dann geschah es. Beide Frauen, nur wenige Meter vor mir und mit einem Mal rutscht die Dicke mit einem riesigen Plumps aus und landet genau mit dem Hintern auf dem Boden. In gewisser Hinsicht eine komische Situation, aber aus eigener Erfahrung weiß ich, enorm schmerzhaft. Da ich sofort zur Stelle war, fragte ich, ob ich ihnen beim Aufstehen helfen könne, ob alles in Ordnung sei? Die Dicke winkte nur ab, biss sich sichtlich auf die Lippe, um den Schmerz zu unterdrücken, und wimmerte da recht hilflos auf kaltem Boden. Sie wollte lieber einen Augenblick sitzen bleiben, sich von Schreck und Schmerz erholen. Ich konnte also nichts weiter tun und ging meinen Weg. Die Nachbarin von oben half dann ihrer Freundin. Und seitdem habe ich die Nachbarin auch nicht wieder gesehen.
Ja, ich habe mir sogar schon einen Plan ausgedacht, um einen Vorwand zu haben, ihr zu begegnen, oder wenigstens heraus zu finden, ob sie oder wer tatsächlich über mir wohnt. Und zwar wollte ich einen Kuchen backen, und während des Vorgangs die Treppen nach oben gehen und an ihrer Tür klingeln, unter dem Vorwand, dass mir der Zucker ausgegangen sei, um sie zu fragen, ob sie mir etwas Zucker in ein Glas füllen könne. Zum Dank hätte ich dann später, nach dem Backen, ein zweites Mal an ihrer Tür klingeln können, um ihr ein Stück Kuchen vorbei zu bringen oder im besten Fall sogar mit ihr Kaffee zu trinken. Denn meine Nachbarin von oben ist durchaus eine attraktive Frau. Zumindest so, wie ich sie in Erinnerung habe.
Vor zwei Nächten ächzte sogar das Bett. Wieder 2 Uhr. Aber diesmal kein Liebesspiel. Es quietschte, als wälze sie sich schlaflos hin und her, genau über meinem Kopf. Mir kam der Gedanke, dass sie bei einstürzender Decke geradezu auf mir landen und meinen Schädel zertrümmern würde. Ein makaberer, unwirklicher Gedanke, den ich sofort hinweg wischte. Indessen wandelten sich die Geräusche vom Quietschen zu einem Tapsen. Sie musste wohl gerade durch die Wohnung gelaufen sein, hatte sicherlich etwas getrunken, das Fenster wurde geschlossen, ich hörte es am lauten zuklappen, ja tatsächlich, es muss vorher sogar nur angeklappt gewesen sein. Dann wieder einige Schritte. Momente der Stille. Beendet durch das Betätigen der Wasserspülung auf der Toilette. Tapsen. Quietschen. Wälzen. Ruhe.
Und wer nun glaubt, dass sei das einzige, was man in diesem Haus durch die Wände hören kann, der kennt dieses Haus nicht und hat sich mächtig getäuscht. Da gibt es gleich die alte Oma neben mir. Die alte Oma und ihre alte Uhr. [womit wir auch wieder beim Thema wären] Diese alte Uhr hat einen wunderbaren Gong, einen Schlag zu jeder halben Stunde, die Anzahl der Uhrzeit zu jeder vollen. Aber das wäre eine ganz neue Geschichte...

Donnerstag, 18. Oktober 2007

Danke, Sojus!

Gestern Abend war ich wieder in meinem Kino. Mein Kino, weil ich seit über zwei Jahren jede Woche mindestens ein Mal dort gewesen bin, insgesamt 138 Kinokarten an meiner Tür zeugen davon. Weil ich in diesem Kino mit hunderten anderen Schulanfängern den Beginn des ersten Schuljahres feiern durfte. Und weil es das älteste Kino von Marzahn mit gut 20 Jahren auf dem Buckel ist - der große Saal 1 ist fast original erhalten mit der hohen geriffelten Decke, dem Baustil der DDR, den samtig roten Sitzen und den engen Sitzreihen, so dass man nicht bequem im Sitz versinken kann, ohne mit schmerzenden Knien die Vorstellung zu verlassen.

Aber gestern war dann das letzte Mal Kinodienstag. Ein allerletztes Mal für 99 Cent. Und heute am Mittwoch das letzte Mal überhaupt im Leben dieses Kinos. Einer Ankündigung zufolge sollte das Sojus erst zum Jahresende für immer schließen, doch ganz überraschend fiel der Termin nun schon auf den 17. Oktober. Der Inhaber des Gebäudes möchte dieses nicht mehr als Kino nutzen lassen und hat dem Kinobetreiber kurzfristig den Pachtvertrag gekündigt. Kursierenden Gerüchten zufolge soll es möglicherweise einem Einkaufskomplex weichen. Weil wir armen Bürger von Marzahn sonst keine Einkaufmöglichkeiten besitzen. Es bleibt nur zu hoffen, dass das Kinogebäude als solches wenigstens erhalten bleibt. Denn die Architektur von außen erinnert auch ein klein wenig an den Palast der Republik, der nur noch aus einem klapprigen Stahlgerüst besteht und in wenigen Monaten von der Spree gewichen sein wird.

Ein wenig Wehmütig bin ich den bekannten Weg gegangen. Traurig. Denn wo soll ich jetzt immer den Dienstag Abend verbringen? Das komplette Personal vom Kino kannte ich. Und nicht nur die. Es gab durchaus weitere Stammgäste, die, wenn man auch nicht mit ihnen geredet hat, einfach zum Sojus dazu gehörten. Wie eine Familie.
Gestern entschied ich mich dann für Kino 2. Einem kleineren, gemütlichen Saal auf westlichem Standard mit Kuschelsitzen. Dort lief der Film "Prinzessinnenbad". Ich kannte ihn schon aus dem Freilichtkino Kreuzberg. Aber da er so amüsant war, gut genug, um ihn ein zweites Mal zu sehen. Im guten Mittelfeld, wo Akustik und Blick auf die Leinwand am besten sind, fand ich noch einen geeigneten Platz. Rasch füllte sich der Saal und ehe man sich versah, waren nur noch vereinzelte Plätzchen übrig geblieben. Aber auch diese wurden noch besetzt, so dass man sogar Stühle aus dem Vorraum in die erste Reihe stellte, um dem Ansturm, dem Abschied mit vollem Haus, gerecht zu werden.
Links neben mir war ein Platz frei. Rechts von mir saß ein älterer Herr allein auf einem doppelten Kuschelsitz, also ein Sitz ohne trennende Zwischenlehne. Und es kommen musste, kamen zwei Mädels darauf zugesteuert, und fragten mich, ob ich weiterrutschen könne, damit sie zusammensitzen könnten. Ich hätte nein sagen können [sollen?], um somit genau zwischen den beiden zu sitzen... Aber wie es manchmal so ist, kann man hübschen Mädels kaum einen Wunsch abschlagen. Also rutschte ich herüber zu dem Herren, blieb aber möglichst weit an der linken Lehne. Zum Dank bot mir die eine etwas Süßes an. Ich verneinte nicht, lehnte mich entspannt zurück und kaute zufrieden auf dem Schaumgummi.

Kurz vor dem Filmstart kam die Betreiberin des Kinos herein und teilte noch einmal allen mit, dass das Sojus nun leider schließen müsse. Sie bedauerte es ebenfalls sehr, war sie doch grad vor einem Tag aus dem Urlaub zurückgekehrt und hatte selbst erst erfahren, dass das Sojus vorschnell vor Ablauf des Jahres geschlossen werden müsse. Sie bedankte sich bei allen Besuchern, erwähnte, dass es zum Abschied Eis zum halben Preis gäbe, und dass sie für den allerletzten Tag, den Mittwoch, einige Zusatzvorstellungen anberaumt hätte. Shrek 3 für 1,99.
Währenddessen lehnte die Filmvorführerin aus dem gläsernen Fenster vor dem Projektor und wartete endlich auf das Zeichen, um den Film abspielen zu dürfen.

Das Haus war rappelvoll. Trotz herbstlicher Kälte und abgestellter Heizungen war es so heiß im Saal, dass man kaum Atmen konnte. Und es wurde ein verdammt schöner, gemeinschaftlicher Abschlussabend. Mit einem kuriosen Film. Einer wehmütigen Umrundung des Gebäudes nach Vorstellung. Ein verlassener Blick. Eine Berührung der Wände. Blick zu den Sternen. Leuchtreklame längst erloschen. Ein Abschied. Mein Heimweg.

Eine kleine Auswahl der besten Filme, die ich dort sah:

  • Perlenstickerinnen
  • Garden State
  • Die fetten Jahre sind vorbei
  • Charlie und die Schokoladenfabrik
  • Barfuß
  • wenn Träume fliegen
  • Dark Water
  • Wächter der Nacht
  • Das Meer in mir
  • Der Fischer und seine Frau
  • Duft von Lavendel
  • Elizabethtown
  • Stolz und Vorurteil
  • Sommer vorm Balkon
  • Geisha
  • Wie im Himmel
  • Kill Bill
  • Urlaub vom Leben
  • Elementarteilchen
  • Mord im Pfarrhaus
  • Haus am See
  • Emmas Glück
  • Tagebuch eines Skandals
  • Klang der Stille
  • Little Children
  • Full Metal Village
  • Prinzessinnenbad

DANKE, SOJUS! Danke.

Sonntag, 14. Oktober 2007

Zwei Bänke und ein Kinderwagen.

Eine Elster fegt durch das Laub. Mit gehobener Schwanzfeder setzt sie zur Landung an und bremst geschmeidig ab. Silbrig bunt glänzt ihr dunkelschwarzes Gefieder in der schwachen Sonne. Hinter dem Kopf und auf der Brust trägt sie ein weißes Kleid, im Schnabel trockene Brotkrumen. Ein großes Stück fällt zu Boden. Das Kleinere behält sie fest im Griff und hüpft über gelb und braun bedeckte Wiesen. An geeigneter Stelle hält sie inne, schiebt mit einem kräftigen Ruck das Brotstück unter die Grasnabe, und versteckt es sogleich unter vertrockneten Blättern, die sie mit ihrem Schnabel zurecht rückt. Reserve für hungrige Zeiten. Doch das vermeintliche Glück währt nur so lange, bis eine kräftige Windböe knapp über den Boden hinwegfegt und das lose Blattwerk zerstäubt.
Zurück zum Platz, an dem das große Brotstück liegt, wiederholt sie diese Prozedur einige Male, zerkleinert das Brot in appetitliche Happen und verteilt die Krumen sternförmig um den Ausgangspunkt herum. Immer wieder findet sie das allmählich schwindende Brot, bis es vollständig und gut unter der Erde verstaut ist. Mit zufriedenem Geschnatter hebt sie ab und gesellt sich in der Ferne zu ihres gleichen.

Ein altes Ehepaar steht plötzlich mit Rad, doch ratlos, neben der Bank rechts von mir. Sie sind unschlüssig darüber, ob sie sich neben mich setzen sollen oder eine andere Bank wählen. Die Tatsache, dass die beiden Bänke die einzigen in der Sonne befindlichen sind, erleichtert ihren Entschluss. Sie setzen sich.
Ich halte Zettel und Stift in der Hand. Versuche zu schreiben. Anfangs reden sie noch. Es fällt mir schwer, mich zu konzentrieren. Die Gedanken kreisen. Aber die Sonne besänftigt, der Herbst beruhigt, der Atem kaum sichtbar. Die Alten verstummen und lauschen der Natur - ebenso wie ich.

Aus dem Nichts taucht dann ein Kinderwagen von links her auf. Ein Mann schiebt ihn ganz allein. Sein Schritt verlangsamt sich. Er hält an meiner Bank und findet zu meiner linken Seite Platz, da ich genau in der Mitte sitze. Ich schaue kurz von meinem Zettel auf. Im Kinderwagen liegt ein kleines Kind. Ein schlafender Junge. Gut eingepackt in wärmende Decken. Ich schreibe weiter.
Keine zwei Minuten, nachdem sich der Vater wortlos zu mir gesellt hat, brubbelt er, dass die Laterne, die links neben unserer Bank steht, ihm die Sonne raube. Ein schmaler Laternenpfahl von nicht einmal zehn Zentimetern Dicke.
Erneut steht er auf, schiebt den Kinderwagen zwei Meter weiter nach rechts, und setzt sich wieder auf meine Bank. Nur diesmal zu meiner Rechten. Nun scheint er zufrieden.
Die beiden Alten fahren bald mit ihrem Rad weiter und ich rechne fest damit, dass er auf die frei gewordene Bank rücken wird. Er tut es nicht, was mich auch nicht stört. Ich merke nur, wie sein Kopf zur Seite knickt. Ein Blick. Seine Augen sind geschlossen. Er schläft. So wie der Kleine im Wagen, in den ich jetzt nicht mehr hinein sehen kann, aber deutlich ein schnaufendes, schnarchähnliches Geräusch höre.

Nachdem die Kirchenuhr im Rücken schon zum zweiten Mal geläutet hat und mein Banknachbar jedesmal leicht erschrocken über seinen eigenen Schlaf zusammen zuckte, beende ich mein Schreiben. Über die Wiese kommt eine junge Frau mit einer prall gefüllten Tüte direkt auf die Bank zu. Diesen Moment warte ich noch ab, es ist vermutlich die Frau zum Kind. Aber nein. Sie zieht kurz vorher an uns vorbei. Ich packe Zettel und Stift ein, erhebe mich und verabschiede mich mit einem einsilbigen Gruß.

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krass. junge. glückwunsch.
krass. junge. glückwunsch.
meliterature - 24. Sep, 19:45
Na klar, immer alles...
Na klar, immer alles meins. ;-) Ich schau mal bei dir...
pinolino - 14. Sep, 14:34
deins? hmm. lange nicht...
deins? hmm. lange nicht mehr mit gedichten beschäftigt....
meliterature - 14. Sep, 08:47

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Buch: "An meine Liebe"


Gedicht: "Vogel von der Trauerweide"


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